Die Digitalisierung eröffnet, vor allem in Krankenhäusern, neue Möglichkeiten. Über deren Herausforderungen, digitale Trends in der medizinischen Versorgung, und wie die Vorteile der Digitalisierung ÄrztInnen von Nutzen sein können.
Univ.-Prof. Dr. med. Lars-Peter Kamolz, MSc.
Klinische Abteilung für plastische, ästhetische und rekonstruktive Chirurgie, Forschungseinheitsleiter Research Unit for Safety in Health, Medizinsche Universität Graz © Foto: Bernhard Bergmann
Welchen Herausforderungen müssen sich ÄrztInnen im Krankenhaus in Zeiten der Digitalisierung stellen?
Die
Digitalisierung ist die größte Chance und gleichzeitig auch größte
Herausforderung für Krankenhäuser und andere Formen von
Gesundheitseinrichtungen. Für die Entscheidungsträger besteht häufig
auch gewisse Unsicherheit darin, wo man am besten mit der digitalen
Transformation im Krankenhaus beginnt. Die häufig knappen
Investitionsmittel können auch für Digitalisierungsprojekte nur einmal
ausgegeben werden und sollten daher direkt und schnell Nutzen bringen:
Nutzen aber nicht nur für die PatientInnen, sondern auch für das
Personal, für die Krankenhausträger und für das Gesundheitssystem als
Ganzes.
Hierbei ist die Technik als solches nur eher selten die wirkliche Herausforderung. Um aber nachhaltige Erfolge zu haben, geht es viel häufiger auch darum, Menschen, Prozesse und die Organisation zur digitalen Transformation zu befähigen (Digital-(Health)-Literacy) und die Organisationskultur weiterzuentwickeln.
Die Digitalisierung im Krankenhaus schreitet immer weiter voran. Immer mehr Geräte und „Objekte“ sind digital mit einender verbunden; immer mehr „Entscheidungshilfen“ im Bereich Diagnostik und Therapie sind in Entwicklung, in der Phase der Evaluierung oder auch bereits im klinischen Einsatz.
Die Digitalisierung von Daten und Informationen sowie deren Verarbeitung nimmt in vielen Bereichen des Krankenhauses zu. Ein Beispiel für den erhöhten Digitalisierungsgrad ist die elektronische Patientenakte und ihre Verknüpfung mit immer mehr Software-Komponenten, wie zum Beispiel mit einer Arzneimittelverordnungssoftware. Der heutige Entwicklungsstand der Digitalisierung einzelner Krankenhäuser und Gesundheitseinrichtungen ist dabei jedoch mehr als heterogen. Insbesondere die elektronische Unterstützung und Einbindung der verschiedenen Ressourcen wie Personal, Räume, Geräte etc. ist in den einzelnen Krankenhäusern und Gesundheitseinrichtungen ungleich stark verteilt.
Insgesamt ist für die Zukunft und den Erfolg der digitalen Transformation eine abgestimmte Gesamtstrategie zur Entwicklung digitaler Krankenhäuser und Gesundheitseinrichtungen notwendig.
Welche Vorteile bietet die Digitalisierung ÄrztInnen?
Es lässt sich nicht leugnen, dass die Digitalisierung bereits in Österreich mehr als nur angekommen ist und in vielen Bereichen auch nicht mehr wegzudenken ist. Diese Entwicklung bringt eine Menge an Chancen mit sich:
Chancen und Vorteile der Digitalisierung
… in Ordinationen und Kliniken
ÄrztInnen, die bereits seit mehreren Jahren praktizieren, erinnern sich sicher noch an Patientenkarten, die händisch ausgefüllt und in die Kartei sortiert werden mussten – teilweise findet man die handgeschriebenen Patientenkarten auch heute noch in Arztpraxen und Krankenhäusern. Dieses alte „System“ frisst aber nicht nur Zeit, sondern damit auch bares Geld. Entscheidet man sich, den Weg der Digitalisierung zu gehen und auf ein komplett computergesteuertes System umzusteigen, ergeben sich daraus verschiedene Vorteile und Chancen:
Zeitersparnis, da der Schreib- und Sortieraufwand wegfällt
Automatisierung verschiedener Prozesse, beispielsweise das Einlesen von Ultraschall- oder Röntgenbildern und das Zuordnen zum entsprechenden Patienten
Möglichkeit neuer Technologien, beispielsweise die Überwachung der Symptome per App & die entsprechende Auswertung
schnellere und einfache Kommunikation zwischen ÄrztInnen und Angestellten, sodass sich auch hier eine Zeitersparnis und ein verbesserter Workflow ergeben
Zeitersparnis bedeutet in dem Fall nicht nur, dass damit Ressourcen und in Konsequenz daraus bares Geld gespart werden, sondern auch, dass PatientInnen im Notfall besser und schneller versorgt werden können.
… als Erleichterung und Bereicherung für PatientInnen
Tagtäglich werden in der Medizinbranche neue Daten erhoben. Ob Röntgenbilder, EKGs oder Blutbilder – diese Daten werden meistens nicht ausreichend genutzt und miteinander vernetzt. Und das kostet Zeit und Geld. Durch die Digitalisierung im Gesundheitswesen bietet sich die Chance, Big Data zu Smart Data zu machen. Patientendaten können miteinander vernetzt und verknüpft werden. Durch diese innovative Datenaufbereitung könnten Diagnosen schneller gestellt und Krankheiten besser überwacht werden. Im Detail bedeutet das für PatientInnen: Fortschritte in der Früherkennung von Krankheiten, genauere Diagnosen, schnellere Behandlung, bessere Kommunikation zwischen Arzt und Patienten.
Gibt es bestimmte „Trends“ hinsichtlich der medizinischen Versorgung?
Wenn wir an die Medizin der Zukunft denken, so werden beispielsweise Themengebiete wie AI (Artifical intelligence), Robotics und Telemedicine eine entscheidende Rolle spielen. Aber auch Themengebiete wie Personalisierte Medizin und Regenerative Medizin und Technologien werden noch stärker in den Fokus rücken. Daneben werden abgestimmte Versorgungs- und Behandlungsprozesse (zwischen intra- und extramural, intramural zwischen den unterschiedlichen Abteilungen und Kliniken) noch mehr an Bedeutung gewinnen. Entscheidend wird es sein, die Gesamtstrategie zur Entwicklung digitaler Krankenhäuser und Gesundheitseinrichtungen mit einer Gesamtstrategie für die medizinische Versorgung der Bevölkerung abzustimmen.