Die Digitalisierung eröffnet, vor allem in Krankenhäusern, neue Möglichkeiten. Über die Digitalisierungsinitiative, den Point of Care, Vertrauen und neue Chancen.
Univ.-Prof. Dr. med. Lars-Peter Kamolz, MSc.
Präsident des Verbands der leitenden Krankenhausärzte Österreichs, klinische Abteilung für plastische, ästhetische und rekonstruktive Chirurgie, Medizinische Universität Graz
Foto: Bernhard Bergmann
Welchen neuen Herausforderungen müssen sich ÄrztInnen aufgrund der Corona-Krise stellen?
Die Corona-Krise hat uns vor weitreichende Herausforderungen gestellt; während es in der 1. Phase (Lock-down) vorrangig darum ging, „Italienische Zustände“ zu vermeiden, ging es danach darum, den Krankenhausbetrieb geordnet und abgestimmt wieder hochzufahren und möglichst rasch einen Normalbetrieb für unsere Patienten gewährleisten zu können. Derzeit geht es v.a. darum, Maßnahmen zu ergreifen, die einen sicheren Krankenhausbetrieb trotz Corona gewährleisten und ein erneutes Runterfahren im Rahmen einer zweiten Welle tunlichst zu vermeiden.
Welchen Stellenwert nimmt die Digitalisierung der Krankenhäuser nun ein?
Digitale Technologien können und werden uns helfen, die Herausforderungen, vor denen fast alle Gesundheitssysteme der westlichen Welt stehen besser zu lösen. Die „Digitalisierungsinitiative“ erfasst auch die Krankenhäuser massiv, wobei man aber dabei Krankenhäuser nicht isoliert betrachten sollte, sondern das Gesundheitswesen als Ganzes. Patienten informieren sich heute vermehrt im Internet und nutzen Wearables und Apps, um Gesundheitsdaten zu erfassen und „auszuwerten“. Ärzte bieten Rat und Hilfestellungen via Internet an, welche von Patienten zunehmend in Anspruch genommen werden. Dieses war auch gerade in der Corona-Zeit sehr stark zu spüren. Zu nennen seien hierbei exemplarisch die Einführung des elektronischen Rezeptes und das Voranbringen telemedizinischer Leistungen. Mit diesen neuen „digitalen Gesundheitsleistungen“ entsteht für die Gesundheitsversorgung zudem etwas ganz Neues. Erfolgreiche digitale Lösungen werden aus der Perspektive des Patienten entwickelt und stellen seine Bedürfnisse und Alltagshandeln in den Mittelpunkt. Das wird die Versorgungsprozesse, die Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen ganz grundsätzlich verändern, der Point of Care wird sich von Ordinationen und Krankenhäusern immer stärker hin zum Patienten verlagern. Im Zusammenspiel von Software, Sensorik und Medizintechnik tun sich darüber hinaus auch ganz neue diagnostische und therapeutische Möglichkeiten auf. Auch diese innovativen Medizinprodukte werden Teil der Versorgung. Die digitalen Gesundheitsanwendungen stiften auch erkennbaren Mehrwert für die Behandler. Zusätzlich gewonnene Daten, die auch die Zeit zwischen Arztbesuchen erfassen, ermöglichen präzisere und passgenauere Behandlungen. Akzeptanz und Vertrauen sind dabei elementare Voraussetzungen, um digitale Gesundheitsversorgung voranzutreiben. Dies gilt nicht allein auf Seiten der Ärzte – es ist ebenso wichtig, die (digitale) Gesundheitskompetenz der Patienten aufzubauen und zu stärken.
Gibt es auch neue Chancen, die sich durch die Krise ergeben haben?
Jede Krise ist eine Chance – sie ist aber natürlich auch eine Verpflichtung: nämlich aus der Krise zu lernen. Was habe ich in dieser Zeit erkannt: In Krisenzeiten gewinnt Leadership an Bedeutung und die vorrangigste Aufgabe ist neben der Lösungsfindung v.a. deren Kommunikation, in Krisenzeiten verlieren Strukturen und Struktur-Grenzen an Bedeutung, das Runterfahren war leichter als das geordnete Hochfahren im Gesundheitswesen und natürlich zu guter Letzt die Digitalisierung hat unser Leben und Arbeiten in der Krisenzeit deutlich erleichtert und ist aus dem Alltag nicht mehr weg zu denken.
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